"Können wir nicht auf dem Kahn mitfahren", fragt Christiane schmunzelnd ihren Mann Fred, als sie ihre Fahrräder am Elbe-Lübeck-Kanal in Berkenthin startklar machen und gerade ein großes Frachtschiff vorbeifährt. "Nix da", winkt er ab, "wir sind doch hier, um uns zu bewegen". Das Ehepaar aus Berlin hat zwar nur eine knappe Woche Zeit, möchte aber bei seiner Fahrradtour von der Hansestadt Lübeck bis nach Lauenburg an der Elbe, fernab von großen Straßen und umgeben von intakter Natur, soviel Stress wie möglich abbauen.
Ihre Fahrradtour führt sie auf dem gut ausgebauten Weg entlang des Elbe-Lübeck-Kanals vorbei an dichten Schilfgürteln, windbewegten Getreidefeldern und Wiesen mit bunten Wildblumen zuerst in den Ort Krummesse. Hier lohnt es sich, nach acht Kilometern eine Rast einzulegen, die Kirche (Anfang 13. Jahrhundert) mit ihren gotischen Wandmalereien zu besichtigen und in einen uralten Gasthof einzukehren. Seit 1577 existiert "Klempaus Gasthof", ist seitdem in Familienbesitz. Die Küche des familienfreundlichen Landhotels wurde mehrfach ausgezeichnet.
Nur noch fünf Kilometer sind es nach Berkenthin. Auch hier gibt es eine wunderschöne mittelalterliche Kirche. Vor ihr erinnern die Gräber der Stecknitz- Fahrer an die Zeiten des Salzhandels. Der heutige Elbe-Lübeck-Kanal ist nämlich aus dem Stecknitz-Kanal entstanden, der schon zwischen 1391 und 1398 erbaut wurde. Auf ihm wurde das Salz von Lüneburg nach Lübeck transportiert. Salz war damals ungeheuer wertvoll, denn es war der einzige Konservierungsstoff für Lebensmittel. Der Handel mit dem "weißen Gold" war im Mittelalter die größte Einnahmequelle für diese Städte und den Bund der Hanse.
Auch der heutige Weg entlang des Kanals erinnert an längst vergangene Zeiten. Als es noch keine motorisierten Schiffe gab, zogen Menschen oder Tiere die Kähne mit Tauen vom sogenannten Treidelpfad aus. Der früher rutschige, sumpfige Pfad ist inzwischen zum gut ausgebauten, gepflegten Radwanderweg geworden, der von Jahr zu Jahr mehr Urlauber in die gemütliche Stecknitz- Region lockt.
Fred Krüger und seine Frau brauchten auf der Autobahn (BAB 24) nur gut zwei Stunden von Berlin bis ins Herzogtum Lauenburg. Sie haben sich in Rondeshagen, einem Nachbarort von Berkenthin, eine komfortable Unterkunft gemietet, ein Landhaus mit Kamin und Sauna. Abends kehren sie im für seine gute Küche bekannten "Meiers Gasthof" in Berkenthin ein, um landestypische Spezialitäten zu genießen.
Von Berkenthin bis nach Ratzeburg sind es nur etwa zehn Kilometer. Die Inselstadt, die durch ihre erfolgreichen Ruderer Weltruf erlangt hat, wird von einem imposanten Backsteindom überragt. Rund um das Gotteshaus fühlt man sich um Jahrhunderte zurückversetzt. Für das Berliner Ehepaar gehört die Besichtigung des Doms, des A.-Paul-Weber- und des Ernst-Barlach-Museums zum Pflichtprogramm. Außerdem machen die beiden einen Abstecher zum kleinen Seglerhafen unterhalb des Doms und beobachten die Ruderer beim Training auf dem See.
Für die Rückfahrt haben sie sich aus der Radwanderkarte der Stecknitz-Region die Strecke über das idyllische Dörfchen Groß Disnack herausgesucht. Hier scheint die Zeit stillzustehen – Balsam für gestresste Großstädter.
Der dritte Urlaubstag ist der Eulenspiegel-Stadt Mölln gewidmet. Ihren Bummel beginnen die beiden Urlauber auf dem historischen Marktplatz mit dem Eulenspiegel-Denkmal vor der Kulisse der wunderschönen Nicolaikirche. Der mittelalterliche Charakter der Stadt ist hier weitestgehend erhalten. Till Eulenspiegel soll in Mölln seinen Schabernack getrieben haben. Natürlich reiben Christiane und Fred Daumen und Fuß von Tills Bronze-Ebenbild ganz kräftig, denn das soll Glück bringen. Dann gehen die beiden auf Entdeckungstour durch die Altstadt mit ihren verwinkelten Gässchen, schlendern am Seeufer entlang und durch den gepflegten Kurpark. Für den Rückweg nach Berkenthin schlägt Fred vor, über Behlendorf zu fahren. In diesem Ort, der schon als schönstes Dorf Schleswig-Holsteins ausgezeichnet wurde, gibt es nicht nur romantische reetgedeckte Katen, sondern auch einen herrlich gelegenen Badesee.
Am nächsten Tag kommt für die beiden Berliner die erste kleine Herausforderung an ihre Kondition. Heute wollen sie am Elbe-Lübeck-Kanal bis nach Lauenburg radeln. Das sind immerhin rund 50 Kilometer. Deshalb wollte Christiane ja auch am liebsten auf dem Frachter mitfahren. Aber kneifen gilt nicht, denn unterwegs gibt es noch viel zu entdecken.
Neben der herrlichen Natur locken auch immer wieder kulturelle Highlights rechts und links des Kanals. Das Ehepaar macht kurz hinter Güster einen Abstecher zum Gut Wotersen. Dieses Gutshaus von 1737 ist eine Perle barocker Baukunst. Seine Bilderbuch-Kulisse war Drehort der Fernsehserie "Das Erbe der Guldenburgs". Idylle pur ist der kleine Ort Siebeneichen. Hier verkehrt die einzige Fähre über den Elbe-Lübeck-Kanal und in diesem beschaulichen Dorf lohnt es sich, die von einer Feldsteinmauer umgebene Kirche zu besichtigen.
Am späten Nachmittag ist dann Lauenburg an der Elbe erreicht. Zu ihrem größten Erstaunen treffen sie dort das Frachtschiff wieder, auf dem Christiane in Berkenthin "anheuern" wollte. Ein Schiff ist auf dem Kanal kaum schneller als ein Radfahrer auf dem parallel verlaufenden Pfad. Wasserfahrzeuge dürfen maximal zehn Stundenkilometer fahren, und die Zeiten in den Schleusen verzögern die Fahrt ganz erheblich.
Das Städtchen Lauenburg ist von der Schifffahrt geprägt. In erster Linie natürlich durch den breiten Strom der Elbe, auf dem große Frachter und Tanker unterwegs sind. Ein besonders schöner Anblick ist die "Kaiser Wilhelm", ein über 100 Jahre alter Raddampfer, der vor der malerischen Kulisse der Altstadt liegt und im Sommer an Wochenenden zu Ausflugsfahrten auf der Elbe startet.
Vor der Abreise am nächsten Tag sehen sich Christiane und Fred noch die Palmschleuse in Lauenburg an. Sie ist die älteste erhaltene Kammerschleuse Mitteleuropas. Hier begann für die Schiffer einst die mühsame Fahrt ihrer Salztransporte nach Lübeck. Sie brauchten im Mittelalter für eine Strecke auf dem windungsreichen Stecknitz-Kanal etwa drei Wochen. Geübte Radfahrer schaffen die gut 60 Kilometer heute locker an einem Tag. Doch wer es gemütlich angehen lässt, etwas von diesem schönen Stückchen Schleswig-Holstein sehen und sich dabei erholen will, sollte sich eine Woche Zeit für die Tour und die vielen Sehenswürdigkeiten links und rechts der Strecke nehmen.
Weitere Informationen
TouristService Stecknitz-Region, Am Schart 16, 23919 Berkenthin,
Tel. 04544/80010, info@stecknitz-region.de, www.stecknitz-region.de
Text und Fotos © TouristService Stecknitz-Region / LOGO Touristik PR
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